Ich beschließe spontan zu sein.
Autoschlüssel in die linke, Handy in die rechte Hosentasche und die
Papiere links hinten in die Gesäßtasche. Ich entscheide mich dazu
die Laufschuhe anzuziehen. Gerade als ich mir die Schuhe binden will
klingelt es an der Tür. Ich mache auf und sehe meinen Zweifel vor
mir stehen. Den hatte ich kleiner in Erinnerung. Er will wissen was
ich vorhabe. Weiß nicht, sag ich. Einfach irgendwo hinfahren.
Der Zweifel schüttelt langsam den
Kopf, als wäre ich ein Kind dem er schon etliche Male gesagt hat was
es tun und lassen soll, als hätte ich ihn mal wieder enttäuscht,
als wäre dieses eine Mal jenes welches das Fass zum überlaufen
bringt. Zum Glück habe ich die Laufschuhe selber an.
Doch gerade als ich den Zweifel
überzeugen will dass er keinen Grund hat hier zu sein reißt er sich
sein Gesicht vom Leib und mein Portemonnaie steht vor mir. Noch bevor
ich reagieren kann schlägt es mir mit voller Wucht in die
Magengrube. Ich lehne mich keuchend nach vorne, und sehe so den
Schlag in meinen Nacken nicht kommen.
Ich komme langsam wieder zu mir.
Grelles Licht blendet mich. Ich will husten, aber ich habe
irgendetwas im Mund und ich schaffe nur ein dumpfes Räuspern. Leider
ist es stark genug um mich meine Magenschmerzen spüren zu lassen.
Ich versuche das Licht zu ignorieren um zu erkennen wo ich bin. Dabei
stelle ich fest dass ich an einen Stuhl gefesselt bin. Na toll. Nach
einer Weile erkenne ich dass ich in meiner eigenen Garage sitze. Sehr
lustig. Ich versuche mich irgendwie zu bewegen, doch die Fesseln sind
zu stark. Dabei kratzt der Stuhl über den Boden und erzeugt ein Echo
welches so nicht da sein dürfte. Scheinbar hat mein Portemonnaie die
Garage leergeräumt. Ein leichter Anflug von Panik steigt in mir
hoch. Doch bevor ich mich um den Verstand denken kann geht die Tür
auf und das Portemonnaie kommt herein. Es nimmt mir den Knebel aus
dem Mund. Immerhin. Ich warte darauf dass es irgendetwas sagt, doch
es schweigt.
Auf einmal zaubert es einen
Benzinkanister hervor. Super Rotz 95. Danke für die Info, versuche
ich zu scherzen. Doch es ignoriert mich und tränkt den Knebel in
etwas Benzin. Ich glaube eine meiner Socken erkennen zu können und
bemerke dass ich barfuß bin. Ok, was zur Hömme moll daff mer en?
Ich komme nicht mehr dazu meinen Satz zu beenden. Das Portemonnaie
hat die Socke tief in meinen Rachen gepresst. Benzingeruch steigt in
meine Nase, einzelne Tropfen rutschen meine Speiseröhre hinunter.
Schlucken will mir nicht so recht gelingen. Scheinbar zufrieden dreht
sich das Portemonnaie langsam um und verlässt die Garage.
Ich warte noch eine Weile, und als ich
mir sicher bin dass es nicht wiederkommt versuche ich abermals mich
zu befreien. Ich probiere einen filmischen Ansatz aus und wippe von
Seite zu Seite. Ich erlange etwas Momentum und lege all meine Kraft
in den entscheidenden Schwung. Nicht recht glauben wollend dass es
tatsächlich geklappt falle ich scheinbar in Zeitlupe. Da bemerke ich
dass der alte Eiskunstläufer in mir eine Drehung in die Wippe
eingebaut hat und ich elegant nach vorne Kippe. Ich will mich noch
über die Abzüge in der B-Note beschweren, doch da hat der Boden
mich schon in Empfang genommen. Immerhin habe ich mir mein Genick
nicht gebrochen. Dafür hänge ich nun wie eine Raupe inmitten ihrer
Bewegung in meiner Garage und ein neues Garagendrecksbodentattoo
ziert mein Gesicht.
Ich lasse die Situation kurz auf mich
wirken und beschließe einen weiteren Wippversuch. Meine Nase hat am
meisten davon, doch ich schaffe es auf meiner linken Seite zu landen.
Natürlich nicht ohne mir dabei den linken Arm einzuklemmen. Ich
versuche mich durch einzelnes Anspannen verschiedener Muskelgruppen
zu bewegen, doch jeder Versuch scheitert. Aus der Raupe ist ein Käfer
auf dem Rücken geschlüpft. Ein Hoch auf die Evolution. Ich überlege
ob ich vielleicht doch religiös werden soll, doch bevor ich anfangen
zu beten geht die Garagentür auf.
Das Portemonnaie schüttelt nur den
Kopf als es meine neue Position sieht. Es beugt sich über meinen
Kopf und flüstert mir in mein Ohr. Ich sei erbärmlich. Wenigstens
habe ich mir noch nicht in meine Hose gemacht. Es steht auf und will
wissen wie Teuer Sprit im Moment ist. Ich will mit Schultern zucken,
doch meine Lage erlaubt mir nichts dergleichen. Meiff nift. Ich gebe
mir Mühe deutlich zu sprechen. Soso, der feine Herr weiß es nicht!
Dann lasst es mich euch sagen! Einen Euro und Einundsiebzig Cent,
ding ding ding! Wir haben einen Gewinner! And now guess what. GUESS.
WHAT! schreit es mich an. Meiff nift.
Es tritt einen Schritt zurück und
öffnet sich. Stolz präsentiert es mir 171 Centstücke. Noch bevor
ich mich fragen kann was es damit vor hat steht es über mir und
lässt eine Münze nach der anderen in mein Gesicht fallen.
Anfänglich nehme ich es stoisch hin, doch nach 60 Münzen wird es
mir zu viel, und ich versuche durch eine Drehung meines Kopfes
auszuweichen. Doofe Idee. Das Portemonnaie schmeißt die restlichen
Kupferstücke mit aller Kraft in mein Gesicht. SIEHST DU DAS!?
schreit es und drückt mir die letzte Münze in mein Auge. Der Käfer
am Boden erhält ein Monokel. Pluspunkte in der B-Note. Die Münze
rollt aus meinem Auge und etwas weiches streift mich. Scheinbar ist
das Portemonnaie vollkommen wahnsinnig geworden, es hat sich komplett
geöffnet und schmeißt sämtliche Geldscheine durch den Raum die in
ihm waren. Verrat, schreien sie, du hast versprochen uns zu
beschützen!
Stockholmsyndrom sagt es, und verlässt
die Garage. Diesmal ist sofort wieder zurück. Es hat noch mehr
Benzinkanister dabei und verteilt deren Inhalt lachend im Raum. Als
nur noch einer vorhanden ist duscht es darin. Doch anstatt danach
nach einem Handtuch zu fragen flüstert es mir ins Ohr. Nie wieder
Vergnügungsfahrten. Ich will nicken doch es ist zu spät. Das
Portemonnaie zündet sich eine Zigarette an und geht in Flammen auf.
Kurz darauf brennt meine ganze Garage.
Ich wache auf. Scheinbar bin ich im
Wohnzimmer eingeschlafen. Es riecht so als würden die Nachbarn
grillen. Ich beschließe spontan zu sein, ziehe meine Laufschuhe an,
Schlüssel in die Tasche und gehe spazieren.
5 Kommentare:
So langsam wird das was! ;-)
Wenn möglich, will ich schon in den Anfängen deiner Schriftstellerkarriere für immer verewigt sein und eine Nebenrolle in deiner nächsten Geschichte einfordern!
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