4. Tag
Das Wetter ist Bombe. Wir gehen ohne Umweg über irgendwelche Geschäfte an den Strand. Jens und Melle geht es schlecht und sie bleiben erstmal im Hotel. Für 12 Uhr hat Jens uns in der Tauchbasis für einen Schnuppertauchkurs angemeldet. Bis dahin wollten sie ihre Kreisläufe wieder unter Kontrolle haben. Um 11 tauchen die beiden auch auf. Ziemlich blass um die Nase, aber aufrecht gehend. Ich glaube nicht, dass sie die Zeit alleine für Schweinereien nutzen konnten...
10 vor 12 gehen dann Melle, Tanja, Jens und ich die Strandpromenade zurück und sehen schon von oben, dass die Bucht voller Feuerquallen ist. Bäh! Das Schnuppern fällt also aus. Bei der Seuche haben selbst die erfahrenen Taucher keine Lust ins Wasser zu gehen. Macht nichts, trinken wir halt nur etwas und genießen die Aussicht.Zurück zum Strand. Unsere beiden Singles liegen ja noch dort. Und haben sich keinen Meter bewegt... In dieser Bucht ist keine Qualle zu sehen. Komisches Meer.
Fürs Tauchen dachte ich mir, wäre es nicht schlecht, das erste Bier auf später zu verschieben. Nun gehe ich also zur Strandbude und hole mir erstmal ein Alster. Und irgendwann noch eins...
Mir ist langweilig. Ich ziehe weder mein T-Shirt noch meine Schuhe aus, breite ein Handtuch über meine geschwollenen Waden und liege so vor mich hin. Lesen am Strand ist auch irgendwie doof. Also beobachte ich wieder die üblichen Objekte. Zwischendurch lästere ich auch mal ein bißchen mit Kerstin über andere Strandbesucher. Das haben wir relativ oft gemacht. Ich fragte mich manchmal, was wohl die anderen in unserer näheren Umgebung über uns denken, wenn sie uns zuhören, denn auch wenn GNTM-Fotos gemacht wurden, wir sehen alle nicht so aus, als würden wir überhaupt das Casting überstehen. Vom Alter mal abgesehen...
Enttäuscht über das ausgefallene Tauchen, Jens ist ein passionierter Taucher, gehen Melle und er in der Strandbucht schnorcheln. Kaum sind die beiden weg, passiert ein kleines "Wunder".
Jeder kennt sie, die aufdringlichen Anwerber für Partyboote, Discopartys, Partytouren nach Palma etc. Bisher hatte uns nie jemand angesprochen, immer nur um uns herum. Einmal lagen die Malle Diven in unserer Nähe, es verbindet halt in der Fremde, wenn man das selbe Schicksal hat und aus Hannover kommt, dort bekam der Anwerber eine derartige Abfuhr von Sarah, wir hatten die Namen aus ihren Gesprächen erlauscht, Tontechnikerohren sei Dank, aber trotzdem blieb er hartnäckig. Irgendwann sah er es doch ein und verschwand ohne uns eines Blickes zu würdigen. Da sagte ich nur zu den Diven:"Seht ihr, ihr müßt einfach nur älter werden, dann werdet ihr nicht angesprochen."
Zurück zum "Wunder": Plötzlich steht mir einer in der Sonne und fragt:"Seid ihr schon mal angesprochen worden?", keine Antwort von uns, "Bestimmt schon tausendmal..." philosophiert der Drücker weiter. Wir schauen uns nur verwirrt an und sagen:"Nein, Du bist der erste."
Ab da zeigte sein Gesicht trotz der riesigen Pornobrille leicht verwirrte Züge und sein Konzept fürs Gespräch war auch irgendwie in seinem Köpfchen durcheinander geraten.
Also redeten wir weiter:"Was hast Du denn anzubieten? Partyboot?"
Er:"Äh. Ja. Auch."
Wir:"Das Problem ist wohl, dass wir zu alt für diese Touren sind."
Er:"Also da sind manchmal auch Leute in eurem Alter mit dabei."
Zu seinem Glück hat er nicht versucht zu erraten, wie alt wir wirklich sind. Das Gespräch gerät wieder ins Stocken, wir schauen uns alle gegenseitig an...
Er:"Äh, ja dann nichts für Ungut. Bis dann..."
Ich:"Danke fürs Ansprechen, Du hast uns sehr geholfen."
Sobald Melle und Jens aus dem Wasser kamen, schmierten wir ihnen unseren "Erfolg" aufs Brot.
So haben wir einen armen Anwerber unabsichtlich verarscht. Wir gehen jedenfalls davon aus, dass er sich verarscht fühlte. Kurze Zeit später kam die Guardia Civil über den Strand getapert und kassierte alle Anwerber ein. Sie durften mit zur Straße kommen und mußten wohl ihre Daten angeben. Soweit man das aus 200 Meter Entfernung richtig deuten kann. Das dürfte ihn wohl abgelenkt haben.
Die schlauen Afrikaner, die einem immer diese unglaublich günstigen echten Markensonnenbrillen und -uhren andrehen wollen, haben ihre Ware neben der Bierbude in den Mülleimer geworfen und sich auf den Deckel gesetzt. Als die Guardia weg war, ging deren Geschäft weiter. Die Anwerber waren für den Rest der Woche nicht mehr zu sehen...
Der Strandtag geht zu Ende und wir verpflegen uns. Wir haben uns an den permanenten Knoblauchgeschmack gewöhnt. Nach dem Essen geht es runter an die Poolbar. Dort trinken wir erstmal alle einen Mesclat zum Beschleunigen. So richtig Lust auf Weiterziehen hat keiner, aber wir einigen uns auf 2-4 Getränke im Chocolate. Vorher landen wir wieder bei DJ Jörg. Die Frau ist auch da. Heute in grün. Entweder hat Jörg heute nicht so viel ihrer Lieblingstanzmusik gespielt oder sie hat Löschpapier unter ihren Klamotten.
Ich beginne mit Cuba Libre, aber irgendwie läuft es nicht. Wir bleiben noch 2 weitere Cuba Libre und ziehen weiter in den Bierbrunnen. Es ist ziemlich leer. Also entweder sind wir zu früh oder zu spät. Ich gehe eher von zu spät aus. Trotzdem bestellen wir einen Liter Osborne Cola. Vom Nebentisch bekomme ich ein Gespräch zwischen zwei Jungs und zwei Mädels mit. Ich mache mir Sorgen um meine Rente. Der Generationenvertrag kann unmöglich eingehalten werden...
Die Jungs haben die Bierbrunnen T-Shirts mit dem einprägsamen Aufdruck "Fußball! Ficken! Alkohol!" an, die man für 2€ mehr zum Liter dazu bekommt. So kann man natürlich mit wenig Gepäck reisen, wenn man sich jeden Abend erstmal ein neues T-Shirt "gönnt". Aber die Frauen scheinen voll darauf abzufliegen...
Weiter geht es ins Chocolate. An diesem Abend geraten wir irgendwie zwischen die beiden Männertrupps aus Bielefeld und Bremen von den Vorabenden. Das Alphaweibchen sollte eigentlich nicht grüßen, denn heute kamen die Frauen vom Trainer Jörg und anderen an. Die sollten doch auf keinen Fall glauben, die hätten hier in der Zwischenzeit andere Frauen kennengelernt, sie grüßt aber doch und bemerkt sofort ihren Fehler.
Irgendwann kommt ein Allianz-Versicherungsvertreter aus Bocholt an unseren Tisch und schwätzt die Frauen voll. Selbst die Singels darunter schalten nach ein paar Minuten auf Durchzug. Hätte ich dort eine Versicherung laufen, ich würde sie kündigen. So ein Knallkopf...
Die anderen trinken, als gäbe es kein morgen. Ist im Prinzip auch teilweise richtig, denn Melle und Jens müssen morgen Abend abfliegen. Wer früher kommt, der muß auch früher wieder gehen. Logisch. Mir schmeckt es jedenfalls an diesem Abend nicht. Trotzdem steht andauernd ein frisches Bier vor mir. Ich spüre wieder ein leichtes Sodbrennen und bin eigentlich nur genervt. Weil es mir nicht schmeckt und alle anderen voll sind. Antizyklisches Gruppentrinken ist gemein. Ich trinke einen Pernod Cola. Keine spürbare Wirkung.
Nach 10 Cuba Libre, soviel zu den 2-4 Getränken, Jens ist inzwischen aber auch schon alleine ins Hotel gegangen, schaut Melle mich an, beide Augen einzeln und sagt:"Iii mu na haue. Sofort!" Oha.
Das Alphaweibchen ist noch nicht ganz bereit dazu, denn sie hat noch 2/3 Cuba Libre vor sich und der Menowin-Typ ist heute der schönste Mann im Chocolate. Verzerrte Wahrnehmung...
Melle dauert es zu lange, steht auf und geht Richtung Marktplatz. Ich folge ihr, denn man sollte sie in dem Zustand nicht alleine lassen. Tanja und Rike kommen kurz darauf nach. Melle kommt auf die gloreiche Idee, den Alkoholspiegel mit einer Lore Pommes senken zu können. Aus jahrelanger Erfahrung kann ich das widerlegen. Aber des Menschen Wille ist sein Königreich und so zieht sie ungebremst in die Pommesbude neben dem BurgerKing ein.
Das Alphaweibchen kommt nicht in die Puschen und lässt uns nun schon eine Viertelstunde warten. Ich gehe mal zu den beiden, die noch fröhlich auf Barhockern sitzen und quatschen, und merke an, dass wir dann nun gehen wollen würden. Scheiß Gruppenzusammenhalt.
Sie:"Ja, ich komme gleich."
Er:"Ich halte sie übrigens nicht auf."
Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig... Na, hat jemand gemerkt, wie fies dieser Satz von ihm eigentlich war? Mir ist es erst am nächsten Tag durch den Kopf gegangen, dass es wohl die bestversteckteste Abfuhr an eine Frau war, die ich je gehört habe. Vielleicht doch nicht so dumm, der Kerl. Kann aber auch Zufall gewesen sein.
Wir warten weiter. Melle kommt mit den Pommes zurück. Rike hat inzwischen im 24/7 Spar so eine Art Vogelfutter gekauft. Meine Freundin greift in die Tüte, schaut den Fang kurz an und beißt dann zu. Erdnüsse sollte man entschalen, bevor man reinbeißt.
Es ist furchtbar, der Nüchternste zwischen einem Haufen betrunkener Weiber zu sein...
Im Chocolate gehen quasi die Lichter aus. Die Barhocker stehen schon alle auf den Tischen, die Fenster werden wieder eingebaut, die Kellner fegen den Boden, Alphaweibchen raucht inzwischen die 5. letzte Zigarette. Wir warten. Endlich bekommt sie ihren Kuss, was soll er auch machen, es ist ja keine andere mehr da, die er dort küssen könnte und wir können endlich gehen.
Wir geraten an den unfreundlichsten Taxifahrer, den Cala Ratjada zu bieten hat und steigen in ein anderes Taxi...
The Escape from Impatience
vor 3 Wochen